Sozialverhalten
Es lassen sich grob zwei Gruppen von Wildbienen unterscheiden:
Nestbauende, die gezielt Futter für die Brut sammeln, und Parasitische. Die weitaus größte Zahl der nestbauenden Bienen lebt im Gegensatz zur Honigbiene, die durch ihre Staatenbildung die höchste Stufe des Sozialverhaltens repräsentiert, als so genannte „Einsiedlerbiene“ oder „Solitärbiene“. Solitäre Bienen bauen ihre Nester und versorgen ihre Brut ohne Mithilfe von Angehörigen. Pro Nest findet sich also nur ein Weibchen, das seine Brutzellen nacheinander baut und versorgt. Die Zelle wird mit Larvenproviant, einer Mischung aus Pollen und Nektar gefüllt.
Lebensräume
Einige Wildbienenarten haben eine Bindung an spezielle Lebensräume wie Trockenrasen, Magerwiesen, Dünen, Sandheiden, Felsfluren und Schilfröhrichte. Zu ihrem Schutz müssen daher Schutzmassnahmen in der freien Landschaft ergriffen werden.
Aber auch der Siedlungsbereich kann zahlreichen Wildbienen als Lebensraum dienen. Finden Arten in der intensiv genutzten „freien“ Landschaft kaum noch Existenzmöglichkeiten, können sich Ersatzlebensräume im Umfeld des Menschen anbieten, sofern diese gewisse Mindestanforderungen erfüllen.
Der Lebensraum einer nestbauenden Wildbienenart muss mindestens zwei Grundvoraussetzungen erfüllen. Für die hochgradig spezialisierten Wildbienen muss ein geeigneter Nistplatz vorhanden sein, welcher zudem mit Nahrungspflanzen in ausreichender Menge ausgestattet ist. Alle Bienen benötigen als Nahrungsangebot Blüten, da sie Pollen als Eiweißquelle für die Versorgung ihrer Brut einsetzen.
Gebäude stellen recht naturferne Elemente dar, können aber dennoch als Teillebenstätte von Wildbienen fungieren. in der Vergangenheit wurde das Nistplatzangebot durch eine entsprechende Bauweise (lehmverfugte oder lehmverputzte Gemäuer) bereichert. Hier finden sich beispielsweise die Maskenbiene (Hylaeus hyalinatus), die Seidenbiene (Colletus daviesanus), die Mörtelbiene (Megachile ericetorum), Pelzbienen (Anthopora spec.) und die Trauerbiene (Melecta punctata). Mauerspalten, Ritzen im Verputz, Hohlräume zwischen Balken, Verkleidungen und Fensterrahmen sind vor allem den Mauerbienen (Osmia spec.) als Nistgelegenheit willkommen. Auch alte Holzschuppen stellen hervorragende Lebensstätten für Wildbienen dar. Hier finden sich solche Arten, die Bewohner von Fraßgängen in totem Holz sind. Durch moderne Bauweise verschwinden diese Nistplätze ebenfalls rapide.
Die Bienen (Apidae) bilden eine eigenständige Verwandtschaftschaftsgruppe innerhalb der Insekten. Sie werden zur Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) gezählt. Die Hautflügler werden in zwei Gruppen geteilt, in die Pflanzenwespen (ohne Wespentaille) und in die Taillenwespen (mit Wespentaille). Die Taillenwespen untergliedern sich wiederum in zwei Gruppen, in die Legimmen und in die Stechimmen. Die Legimmen haben eine parasitische Lebensweise. Sie legen ihre Eier in den Puppen, Larven oder Eier anderer Insekten ab. Bei den Stechimmen, zu denen u.a. die Bienen, Ameisen, Faltenwespen und Grabwespen gehören, ist der Legeapparat in einen Giftstachel umgewandelt. Die Bienen unterscheiden sich von den anderen Gruppen durch die Art der Larvennahrung. Sie besteht aus Blütenprodukten, einem Gemisch aus Pollen und Nektar, das mit einem körpereigenem Sekret vermengt in den Bruträumen der Larven abgelagert wird. Von den ca. 20.000 Bienenarten, die es weltweit gibt, kommen ca. 750 in Mitteleuropa vor.
Zoologische Systematik
Schutzmaßnahmen
Schon vor Jahrmillionen haben Wildbienen auf der Erde gelebt. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat es der Mensch geschafft, durch eine Zerstörung der Lebensräume oder eine Verminderung des Nahrungsangebotes den Bestand der Wildbienen zu gefährden.
Die Erhaltung und langfristige Sicherung von besiedelten Nistplätzen und geeigneten Nahrungsräumen hat beim Wildbienenschutz Priorität. Allerdings ist die Neuschaffung von Lebensräumen teilweise unumgänglich. Es gilt, ein reich strukturiertes Netz an Kleinlebensräumen dort wiederherzustellen, wo es in früheren Jahren beseitigt wurde. Ersatzmaßnahmen können nur Erfolg bringen, wenn sie rechtzeitig durchgeführt werden, d.h. Jahre vor der Zerstörung des Wildbienenlebensraums.
Jeder kann dazu beitragen, die Lebensbedingungen von heimischen Wildbienenarten zu verbessern. Die Angst vor einem Stich bei der Beobachtung ist dabei völlig unbegründet. Im Gegensatz zur Honigbiene stechen die Weibchen nur bei massiver Bedrohung (z.B. durch Anfassen). Bei vielen Arten ist der Stachel so schwach, daß damit die menschliche Haut nicht durchdrungen werden kann. Wildbienen eignen sich sehr gut zur Behandlung im Unterricht, da anhand dieser Insektengruppe Fragen der Biologie, der Ökologie und des Biotop- und Artenschutzes erörtert werden können. Mit allen Maßnahmen der Wildbienenförderung werden auch gleichzeitig die Lebensbedingungen vieler anderer Insekten verbessert, die in Wechselbeziehungen mit Wildbienen stehen, wie z.B. verschiedenen Grab- und Faltenwespen, Goldwespen, Keulhornwespen, Käfer und Fliegen. Im folgenden werden Schutzmaßnahmen für Haus und Garten vorgestellt, die nur wenig Aufwand erfordern.
Nisthilfen für Niströhrenbewohner
Holzblöcke: Es werden Gänge von 5 bis 10 cm Tiefe und 2 bis 10 mm Durchmesser (Bohrweiten von 3 bis 6 mm sollten überwiegen) in unbehandeltes, abgelagertes und entrindetes Hartholz (z.B. Eiche, Buche, Esche) gebohrt. Dabei darf das Material nicht vollständig durchbohrt werden. Nach dem Bohren ist die Holzoberfläche zu schleifen, um evtl. querstehende Fasern zu entfernen und das Bohrmehl herauszuklopfen.
Nadelholz ist ungeeignet, da sich dessen Fasern in den Röhren bei Feuchtigkeit wieder aufrichten. Wildbienen bevorzugen Röhren mit glatten Innenwandungen. Bei der Verwendung von Buchenholz sollte ein Mindestabstand von 2 cm zwischen den Bohrlöchern (mit einem Durchmesser größer 4 mm) eingehalten werden, damit es nicht zu Rissen kommt. Dadurch würde möglicherweise eine Ansiedlung verhindert. Bei der Aufstellung sollte auf eine waagrechte Orientierung der Gänge geachtet werden.
Strangfalzziegel (erhältlich beim Dachdecker) werden in einer Trockenmauer untergebracht oder einfach aufeinander gestapelt.
Nisthilfen für Bewohner markhaltiger Stengel
Alte Ranken von Heckenrosen, Holundersträuchern, Brombeerhecken und Sommerflieder werden in meterlange Stücke geschnitten und frei im Garten aufgestellt, bzw. vertikal am Gartenzaun angebracht.
Nisthilfen für Bewohner von Totholz
Größere, morsche Holzklötze, Balken oder dicke Äste werden in den Garten eingebracht (einzeln oder im Stapel. Es können auch abgestorbene Bäumen belassen werden.
Nisthilfen für im Erdboden nistende Arten
Blumenkästen werden mit Sand gefüllt, oder eine sonnenexponierte Stelle im Garten wird mit Bruch- oder Hohlblocksteinen 50-100 cm hoch eingefaßt und ganz mit Flugsand oder lehmigen Sand ausgefüllt. Ein Anschütten von künstlichen Böschungen aus Rohboden (Bauaushub) mit gelegentlichem Auslichten der Vegetation ist ebenfalls möglich.
In Sandgebieten kann ein kleinflächiges Entfernen der Humusschicht und gleichzeitigem Auslichten der Vegetation Wildbienen anlocken.
Anbau von Nahrungspflanzen
Früher standen wildwachsenden Pflanzen im Siedlungsbereich mehr ungenutzte Flächen zur Verfügung. Durch fortschreitende Versiegelung und systematische Beseitigung von Wildpflanzen wurde das Nahrungsangebot für Wildbienen drastisch reduziert. Somit sollte die Schaffung von Nisthilfen im Rahmen des Wildbienenschutzes mit einer Förderung einer artenreichen Pflanzenwelt einhergehen. Dies schließt den Einsatz eingebürgerter Gewächse nicht aus, denn auch diese können sehr gute Nahrungsquellen für Wildbienen darstellen.
Bäume und Sträucher
Nadelgehölze bieten Wildbienen keine Nahrung. An ihrer Stelle sollten einheimische Blütengehölze gepflanzt werden. An Obstbäumen und Beerensträuchern sammeln neben den Hummeln auch zahlreiche andere Wildbienen Nahrung und verrichten dabei wertvolle Bestäubungsdienste. Gute Nahrungsquellen sind z.B. Weißdorn (Crataegus), Schlehe (Prunus spinosa), Wildrosen (Rosa), Berberitze (Berberis vulgaris), Spitz-Ahorn (Acer platanoides), Feld-Ahorn (Acer campestre) und Weiden (Salix).
Blumenwiesen
Blumenwiesen sind artenreiche, ertragsarme Mähwiesen mit hohem Kräuteranteil. Der Schnitt erfolgt zu einem Zeitpunkt, wenn möglichst viele erwünschte Pflanzen ihre Blütenbildung und Samenreife abgeschlossen haben. Als Standort bietet sich auch der Hausgarten an, sofern auf den oftmaligen Einsatz des Rasenmähers verzichtet wird. Das Mähgut darf nicht liegenbleiben, sondern sollte separat kompostiert werden. Die Entwicklung einer Blumenwiese braucht viele Jahre und hängt von den jeweiligen Standortbedingungen ab.
Pionierpflanzen
Auf einem Rohbodengelände, z.B. nach dem Umgraben, siedeln sich schnell verschiedenen Pionierpflanzen an. Erfolgreicher ist aber die gezielte Einsaat von Samen bestimmter Ackerwildkräuter, falls spezifische Auflaufbedingungen berücksichtigt werden.
Wildstauden
Wildstauden (ausdauernde Kräuter) lassen sich im Staudenbeet, im Steingarten, im Saum von Hecken oder am Tümpelrand gut eingliedern. Bei den im Handel erhältlichen Arten gibt es viele, die hervorragende Nahrungspflanzen für Wildbienen sind. Ein Teil der Fruchtstände sollte den Winter über stehen bleiben und erst im April zurückgeschnitten werden. Durch natürliche Versamung entstehen dadurch regelmäßig Jungpflanzen.